Mittwoch, 7. Dezember 2011

7. Türchen

Das Weihnachtsfest rückte immer näher und so waren die nächsten Tage mit reger Betriebsamkeit gefüllt. Es gab noch so viel zu tun, damit es ein wirklich gemütliches und gelungenes Fest werden würde - es war jedes Jahr das gleiche. Zimt schleppte fleißig Brennholzvorräte zur Bärenhöhle und schichtete sie zu einem ordentlichen Stapel an geschützter Stelle. Abends dekorierte er die Bärenhöhle Stück für Stück mit weihnachtlichem Schmuck und betrachtete vorm Schlafengehen gemeinsam mit Sternchen zufrieden sein Werk. Täglich wurde die Höhle behaglicher und einfach weihnachtlich.
Sternchen konnte sich dieses Mal nicht viel am Dekorieren beteiligen, so sehr sie es auch vermisste – der kleine Igel Spike musste versorgt werden und das hatte auf jeden Fall Vorrang. Also sah man Sternchen in diesem Advent oft und lange im Winterwald umherwandern, die warme Wollmütze tief ins Gesicht gezogen und den dicken Schal fest um die Schultern geschlungen. Dem Igel ging es nicht gut, seine Verletzung heilte schlecht und ohne spezielle Kräuter würde es viel zu lange dauern, bis der kleine Kerl wieder gesund würde. Die Zeit drängte, denn schließlich müsste das Igelchen sich in den nächsten Tagen zum Winterschlaf zurückziehen und daran war in seinem jetzigen Zustand auf keinen Fall zu denken. Der kleine Spike war zwar sehr tapfer und versuchte, sich seine Schmerzen nicht anmerken zu lassen, doch Sternchen konnte er nichts vormachen. Es fehlte die richtige Medizin, die die Heilung tatsächlich schnell eintreten lassen würde. Aber was konnte Sternchen noch in die Tinktur einrühren? Sie hatte sich bei der Eule Rat eingeholt und in dicken Kräuter-Büchern in der Bärenhöhle nachgelesen, doch ein paar Ingredienzien schienen einfach zu fehlen. Was konnte das nur sein?

Sie wanderte darum bei inzwischen eisigem Wind zu verborgenen Lichtungen und abgelegenen Schonungen und durchstöberte mit Adlerblick und klammen Pfoten das Laub, das nass und schwer die Erde bedeckte. Natürlich vergaß sie dabei nicht, für ihren Weihnachtshonig die passenden Gewürze in ihren Korb zu legen, so viel Zeit musste sein, doch es ließ sich nicht leugnen: das richtige Kraut für die Medizin war nicht darunter.

Immer öfter sah man Sternchen auf dem Weg durch den Wald in Begleitung des Fuchses. Irgendwann hatten sich ihre Wege gekreuzt und die beiden waren ins Gespräch gekommen. Zugegeben, die stundenlangen Wanderungen durch den Winterwald waren ein wenig langweilig für Sternchen - deshalb war sie ganz dankbar dafür, ein bisschen Gesellschaft zu haben. Und so übel, wie es immer hieß, schien ihr Silas gar nicht zu sein. Bald sprachen die beiden immer vertrauter miteinander und Sternchen freute sich über das Mitgefühl, das Silas für das arme verletzte Igelchen zeigte. Sie berieten über die geeigneten Heilmethoden und Sternchen erfuhr einiges über Heilkräuter, das selbst ihr noch nicht bekannt war.

Bald schon stellte sie fest, dass sie sich auf das nächste Treffen mit dem Fuchs freute, wenn sie in den Wald aufbrach und war beinahe ein wenig enttäuscht, wenn sie ihn bei ihrem Ausflug nicht antraf.

„Bären sind so einfach zu manipulieren“, lächelte Silas böse in sich hinein, während er Sternchen von seinem Versteck im Unterholz aus nachsah. „Ich hätte es mir erheblich schwieriger vorgestellt, mit ihr so gut ins Gespräch zu kommen. Das hat priiiima geklappt!“ Er schüttelte sich ein paar Tannennadeln aus dem roten Pelz und murmelte: „Mir muss nur noch einfallen, wie ich nun weiterkomme. Es geht schließlich nach wie vor um mein entgangenes Festessen.“ Bei dem Gedanken fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und schloss genießerisch die Augen. Er war zuversichtlich, dass ihm der letzte Schritt auch noch gelingen würde. Und er hatte auch schon eine Idee.

Sternchen kümmerte sich fürsorglich um den kranken Igel. Zusammen mit Zimt hatte sie ihm ein gemütliches Nest im an die Höhle direkt angrenzenden Schuppen gebaut. Hier hatte der Patient die nötige Ruhe, die er zum Gesundwerden brauchte, statt zwischen all den Kartons, dem Lametta und dem Geschenkpapier, das Zimt im ganzen Wohnzimmer verteilt hatte, wieder zu Kräften zu kommen. Spike war mit der Lösung sehr einverstanden gewesen. Für die ersten Tage auf dem bequemen Sofa war er zwar sehr dankbar, aber das Dekorieren der Höhle geht nun einmal nicht geräuschlos, so sehr Zimt sich auch darum bemühte. Da kam Sternchens Idee mit dem Nest im Schuppen allen Beteiligten sehr gelegen und nun besuchte Sternchen den Igel täglich mehrmals, um ihn zu versorgen und nach ihm zu sehen und ließ ihm ansonsten die nötige Ruhe. Spike genoss diese Behandlung sehr und kuschelte sich in sein weiches Lager. Er war immer noch schwach und müde und seine Sinne spielten ihm manchmal kleine Streiche. So glaubte er hin und wieder, Sternchen hereinkommen zu hören, obwohl niemand da war. Gelegentlich glaubte er sogar, den Fuchs am Fenster zu sehen, bevor ihm die Augenlider wieder schwer wurden. Das gehörte sicher alles zum Gesundwerden dazu, dachte Spike noch und gähnte müde, bevor er in tiefen und traumlosen Schlaf sank.

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