Freitag, 9. Dezember 2011

9. Türchen

In den nächsten Tagen war Sternchen wie ausgewechselt. Sie war ständig mit den Gedanken wo anders, verlegte ihre wichtigsten Dinge und tat nachts kaum ein Auge zu. Zimt machte sich bald große Sorgen. „Ist es, weil es Spike inzwischen besser geht?“, fragte er Sternchen eines Abends nach dem Abendessen. „Ich weiß ja, dass das kleine Kerlchen dir sehr ans Herz gewachsen ist. Er wird mir auch fehlen, aber es ist doch das Beste, wenn er nun langsam seinen Winterschlaf antritt!“ Und damit hatte Zimt ohne Zweifel recht. Der kleine Igel hatte sich langsam einen kleinen Winterspeck zugelegt und Zimt und Sternchen hatten ihn dabei durch Zubereitung köstlicher Plätzchen, Honigkuchen und Marzipanbratäpfel nach besten Kräften unterstützt. Und seit das verletzte Bein nun auch wieder völlig in Ordnung war, stand einem ordnungsgemäßen Winterschlaf wirklich nichts mehr im Wege. Aber Zimt kannte sein Sternchen inzwischen gut genug und er hatte täglich miterlebt, wie sie sich um den kleinen stachligen Patienten gesorgt und gekümmert hatte…. Er konnte sie wirklich verstehen. Zimt räusperte sich. „Lass uns morgen das Lager des Igels winterschlaffest machen und dann gönnen wir ihm Ruhe, bis er im Frühjahr seine Nase aus dem Kissenberg streckt. Was meinst Du?“ Aufmunternd klopfte Zimt Sternchen auf den Rücken und erhob sich. Der Tag war wieder lang und anstrengend gewesen und der morgige würde diesem in nichts nachstehen, wie es aussah. Bald kuschelte Zimt sich in seine warmen Decken und die Augen fielen ihm zu. Sternchens Bettseite dagegen blieb noch eine Weile leer. Sie stand am Fenster und schaute zum Mond empor, der sich silbrig-glänzend langsam über den Nachthimmel schob. Bald würde er als ganz runde Scheibe zu sehen sein, bald… bald. Sie ließ den Blick schweifen und fragte sich, ob Silas vielleicht recht hatte?

Am nächsten Abend blieb Sternchen wieder am Fenster stehen, statt neben dem bald schon friedlich schlummernden Zimt zusammenzurollen. Den ganzen Tag hatten ihr die Gedanken an ihr altes Zuhause keine Ruhe gelassen – wenn sie ehrlich war, hatte sie seit dem Gespräch mit dem Fuchs täglich öfter daran gedacht, wie es dort oben inzwischen wohl aussah. Was machten ihre Freunde inzwischen, was ist aus ihnen geworden? Schließlich hatte sie sich nicht mit allen schlecht verstanden, keineswegs! Wenn sie alleine an die Geschichte in der Backstube dachte… sie grinste bei dem Gedanken daran, wie sie von älteren Engelbären nachts schlafend zwischen Mehlsäcken und verstreuten Resten frischgebackener Plätzchen gefunden worden waren. Ja, es gab vieles, an das sie sich inzwischen gern zurückerinnerte. Und nun lag die große Gelegenheit vor ihr. Der Vollmond strahlte hell vom kalten Nachthimmel herab und immer deutlicher ließ sich der schmale Pfad aus glänzendem Licht erkennen, der angeblich in dieser einen Nacht, der letzten Vollmondnacht vorm Heiligen Abend nämlich, tatsächlich tragen sollte. Sternchen verschränkte die Arme auf dem breiten Fensterbrett, ließ den Kopf darauf sinken und seufzte tief. Ihre Neugier war mindestens ebenso groß wie ihre Sehnsucht, vermischt mit ein wenig Heimweh, wenn sie ehrlich war. Sie erhob sich und verließ auf leisen Sohlen die Höhle. Vorsichtig zog sie die schwere Tür hinter sich zu und machte ein paar Schritte auf den immer heller scheinenden Pfad aus Mondlicht zu.

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