Donnerstag, 12. Dezember 2013

12. Türchen


Max, mal ehrlich, das hättest Du uns wirklich vorher sagen müssen!“, schnaubte Zimt ärgerlich, nachdem sie das bisher gewaltigste Donnerwetter von Onkel Drako über sich ergehen lassen mussten. Leider war Max die Kiste mit altem Blechspielzeug aus den Händen gerutscht, als er damit auf die wacklige Leiter geklettert war, um es auf einem Mauervorsprung hübsch aufzubauen – der Ausbruch des Onkels ließ nicht lange auf sich warten. Mit hängenden Köpfen ließen die drei Bären den Wutausbruch über sich ergehen und brachen gleich darauf zu einem ausgiebigen Spaziergang über das umliegende Gelände auf. Die Lust auf Weihnachtsdekoration war ihnen erst einmal vergangen – es schien das Beste, dem Onkel weiträumig aus dem Weg zu gehen.
Vor einer guten Weile hatte es angefangen zu schneien und dicke Flocken bemühten sich erfolgreich, alles in noch dickere weiße Mäntel zu hüllen. „Gut, wir wussten, dass Dir der Advent und Weihnachten einfach fehlen – dass hier aber die totale Eiszeit herrscht, hast Du uns definitiv verschwiegen!“ Mit Schwung schmetterte Zimt den Schneeball, den er während seiner Worte in seinen Pfoten zu einer festen Kugel geformt hatte, gegen den dicken Stamm einer alten Eiche. „Wie stellst Du Dir das ernsthaft weiter vor?“ Er warf Max einen spöttischen Blick zu und griff sich wieder eine große Pfote voll Schnee. Sternchen schob einen kleinen Schneeberg vorsichtig mit dem Fuß von einer Seite zur anderen und ergänzte zögernd: „Ich verstehe nicht, wie Du es hier auf Dauer aushältst.“ Sie senkte die Stimme und fuhr fort: „Dass Deine Eltern immer im Ausland unterwegs sind, ist ja leider nicht zu ändern – es muss sich doch aber eine andere Unterkunft für Dich finden lassen, oder? Das hier ist doch kein Zustand.“ Max drehte sich zu den beiden Bären um und seufzte tief. „Wenn das mal alles so einfach wäre! Es ist nicht zu ändern, ich muss die nächsten Jahre noch hier verbringen. Ihr könnt mir glauben, ich habe schon genügend oft und lange darüber nachgedacht.“ Resigniert hob er die Schultern. „Es gibt keine andere Lösung, als sich hier irgendwie mit dem alten Herrn zu arrangieren. Zum Glück ist er ja fast den ganzen Tag in seinem Arbeitszimmer beschäftigt.“ Ein hilfloser Ausdruck huschte über Max‘ Gesicht. „Mit ihm muss man umgehen wie mit einem rohen Ei! Ihr wisst ja, er hat sich vollkommen der Ahnenforschung unserer Familie verschrieben. Für seine Recherche erwartet er absolute Ruhe und das macht auf die Dauer einfach keinen Spaß. Er lebt in seiner Welt, in der nichts anderes Platz hat.“ Sternchen schob den inzwischen immer höher gewordenen Schneeberg energisch mit dem Fuß beiseite. „Ganz schlechte Ausgangslage!“ sagte sie mit Nachdruck. „Wirklich: GANZ schlecht! Thea ist einfach wunderbar, aber das macht leider nicht wett, wie kauzig Dein Onkel und der Herr Butler sind. Das habe ich echt noch nie erlebt – es kommt mir fast vor, wie in einem schlechten Film. Nur in Farbe und nicht in Schwarzweiß.“ Daunendicke weiße Flocken fielen inzwischen immer dichter vom Himmel. Zimt schüttelte sich missmutig ein paar Schneeklümpchen aus dem Fell. „Ich habe auch gedacht, sowas gehört in vergangene Jahrhunderte. Wir sollten uns überlegen, wie wir die nächsten Wochen verbringen wollen – und vor allem: wo. Lasst uns zurück ins Haus gehen, man sieht vor Schnee ja die Pfote vor Augen nicht. Und JA“, fügte er an Max gewandt hinzu, „ich bin GANZ LEISE!“ In Schweigen versunken traten die drei tief in ihre Jacken verkrochenen Bären den Rückweg an. Ihre Erwartungen an den restlichen Tag waren zugegeben wenig optimistisch.

1 Kommentar:

  1. Hui, da haben Zimt und Sternchen ja heute mal Tacheles geredet... armer Max, der sich so sehr ein bisschen Freude in seinem Zuhause wünscht. Aber man kann unsere beiden Helden ja verstehen... verlassen ihre gemütliche Bärenhöhle und dann DAS... Und doch... wer weiß, wozu es gut ist... ;O)

    Liebe Grüße
    Flutterby und Birgit

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